Ernest Glaser, ein Zeitzeuge des Nazi-RegimesAuschwitz-Birkenau, 1943. Eva, zweieinhalb Jahre jung, hat die Häftlingsnummer 4167. Diese Nummer wurde ihr gleich bei Ankunft im Vernichtungslager in die Haut des linken Unterarms tätowiert. Das Mädchen wurde mit ihren Eltern und ihrer 8 Jahre älteren Schwester nach Auschwitz-Birkenau in das Konzentrationslager deportiert. Grund hierfür war die hetzerische Meinung des Naziregimes: sie seien nämlich als Sinti keine Arier. Dieses kleine Mädchen von damals ist heute 82 Jahre alt und heißt Eva Franz. Als Zeitzeugin berichtete Eva Franz unter Tränen von dem unerträglichen Leid, das sie mit ihrer Familie während des Naziregimes in den Konzentrationslagern erlebt hat. Bei den Schülerinnen und Schülern der beteiligten Klassen herrschte während des Online-Vortrages ergreifende Stille. Abschließend nutzten sie die Möglichkeit, persönlich Fragen an die Zeitzeugin zu stellen.

Ein weiteres Online-Zeitzeugengespräch fand zwei Tage später mit dem Holocaust-Überlebenden Ernest Glaser, 99 Jahr alt, statt. Obwohl die Veranstaltung aufgrund der Zeitverschiebung, Ernst Glaser lebt in San Francisco,  erst um 19.00 Uhr startete, nahmen zahlreiche Schülerinnen und Schüler der Kaufmännischen  Berufsschule Deggendorf  sowie der Staatlichen Wirtschaftsschule Deggendorf online von daheim aus teil. Ernest Glaser wurde im März 1924 in Berlin geboren. 1939 flüchtete er in letzter Minute mit seiner Familie vor den Nazis nach Shanghai. Dort verbrachte er acht Jahre seines Lebens in einem Ghetto unter japanischer Herrschaft. Am 4. Juli 1947 wanderte er und seine Familie nach San Francisco, USA aus.  Im ersten Teil seines Zeitzeugengesprächs berichtete Ernst Glaser von seiner Kindheit in Deutschland unter der grauenvollen NS-Diktatur, über seine Flucht und das Leben in einem Ghetto in Shanghai sowie über seine anschließende Auswanderung nach Kalifornien, USA. In einem zweiten Teil wurden Bilder aus seinem Leben vorgestellt, die Glaser in rührender Weise kommentierte. Die Veranstaltung endete mit einer Fragerunde, welche die zugeschalteten Schülerinnen und Schüler mit großem Engagement nutzten.

Beide Zeitzeugengespräche wurden organisatorisch von der Autorin und Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair vom Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) e.V. unterstützt und begleitet.

„Diese schrecklichen Erlebnisse live erzählt zu bekommen – ohne Worte, einfach nur traurig!“, „Ich bin nur sprachlos darüber, welches unendliche Leid den Menschen zugefügt wurde!“ oder „Beeindruckend, wie hingebungsvoll die Zeitzeugen ihr Leben und die damit verbundenen schrecklichen Erlebnisse  schildern, mit dem Ziel, uns aufzuklären und ein Zeichen für Frieden und Mitmenschlichkeit zu setzen“ – diese Statements von Schülerinnen und Schülern im Anschluss der Veranstaltungen zeigen deutlich, dass es sehr wichtig ist, unsere Demokratie zu verteidigen und zu schützen, Diskriminierung aller Art, insbesondere Rassismus zu überwinden bzw. vorzubeugen sowie ein Zeichen für Frieden auf unserer gesamten Welt zu setzen! Ganz im Sinne von Eva Franz und von Ernest Glaser: „Das damals Geschehene darf nie wieder passieren!“

Damit hat die Kaufmännische Berufsschule Deggendorf ihren Bildungsauftrag, neben Wissen und Können zu vermitteln, auch Herz und Charakter zu bilden in beeindruckender Weise erfüllt. Dafür gebührt Dank den Zeitzeugen Eva Franz und Ernest Glaser sowie Sophia Bernegger von der Georg-von-Vollmar-Akademie e.V. für die finanzielle Förderung, Birgit Mair für die aufschlussreiche Moderation der Zeitzeugengespräche sowie OStR Michael Peter für die Initiative und die Organisation der beiden Zeitzeugengespräche.