Geschichte zum Miterleben gab es vergangene Woche an der Kaufmännischen Berufsschule Deggendorf: Peter Grosse (geb. 1959 in Rostock) berichtete den angehenden Kaufleuten der Kaufmännischen Berufsschule Deggendorf über seine persönlichen DDR-Erfahrungen.
Er wuchs in einem DDR-kritischen Elternhaus auf. Nach dem Studium der Elektrotechnik war er als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Hochschule in Ilmenau tätig. Frühzeitig geriet er in Konflikt mit den Repressalien der SED-Diktatur. Die fehlende Reisefreiheit, die Allmacht des Staatssicherheitsdienstes und Werbeversuche für eine Laufbahn als Offizier bei der Nationalen Volksarmee (NVA) schürten Fluchtgedanken. Mehrere Urlaubsreisen nach Ungarn, Rumänien und Bulgarien nutze er, um Fluchtmöglichkeiten zu erkunden. Gemeinsam mit seiner Freundin scheiterte ein Fluchtversuch im Oktober 1986. Verurteilt zu zwei Jahren wegen "ungesetzlichen Grenzübertritts", gelangte er im Juli 1987 im Rahmen des Häftlingsfreikaufs in die Bundesrepublik. Peter Grosse war zuletzt als Vorstand eines mittelständischen Unternehmens im Bereich Elektromobilität tätig.
Die Veranstaltung wurde von Herrn OStR Jürgen Fellberg, Fachkoordinator Sozialkunde, organisiert und vorbereitet. Der Kontakt zu Peter Grosse, der heute in Burglengenfeld lebt, erfolgte über das „Koordinierende Zeitzeugenbüro“, welches ein Online-Portal betreibt, das bundesweit Menschen, die von der DDR politisch verfolgt wurden, die Widerstand geleistet oder die die Teilung Deutschlands in besonders einschneidender Weise erlebt haben, zu Zeitzeugenveranstaltungen vermittelt. Auf diese Weise soll der zunehmenden Unwissenheit und Verklärung im Zusammenhang mit der SED-Diktatur entgegengewirkt werden. Gefördert wird das Projekt von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Die beiden teilnehmenden Fachklassen der Kaufmännischen Berufsschule Deggendorf, Kaufleute für Groß- und Außenhandel sowie für Büromanagement empfanden diese „Geschichtsstunde live“ als sehr gewinnbringend, deutsche Zeitgeschichte nicht von Lehrkräften im Unterricht mitgeteilt zu bekommen, sondern durch einen Menschen, der seine eigene, persönliche Lebensgeschichte zum Besten gibt.