Industriekaufleute der Kaufmännischen Berufsschule Deggendorf erlernen demokratisches Verhalten in Entscheidungsprozessen
In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ führte die Kaufmännische Berufsschule Deggendorf, die seit 2017 offiziell „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist, einen Workshop zum Thema Demokratietraining durch, wo das Erlernen und Begreifen eines demokratischen Miteinanders in der Gesellschaft im Mittelpunkt stand.
Durch verschiedene erlebnispädagogische Übungen und Diskussionen wurden die Auszubildenden trainiert und sensibilisiert, um selbst in der Schule und der Gesellschaft aktiv zu werden und gegen Diskriminierung zu agieren.
Die Bergdorf-Übung beispielsweise verdeutlichte, wie automatisch und unbedacht Ausgrenzung geschehen kann: fünf Schüler mussten vor die Tür gehen, während sich die restliche Gruppe als Gesprächsthema das Thema „Essen“ ausdachte und drei Wörter aus dem Themenfeld durch andere Wörter ersetzte. Die Pizza wurde zum „Garten“, das Restaurant zur „Werkstatt“ und das Wort „essen“ wurde durch den Begriff „fahren“ ersetzt. Zudem wechselten die Schülerinnen und Schüler beim Wort „gern“ ihren Platz im Stuhlkreis. Für die Draußengebliebenen war es unmöglich, in der Folge am Gespräch teilzunehmen, sie saßen still auf ihren Plätzen oder folgten den anderen Mitschülern beim Platzwechsel. Im Anschluss daran erfolgte eine umfangreiche Reflexion. Auf die Frage, wie sich die 5 Schüler fühlten, folgten Aussagen, wie „Ich fühlte mich ausgegrenzt.“ und „Ich fühlte mich gemobbt.“. Die größere Gruppe grenzte die anderen automatisch aus - obwohl dies weder Teil der Spielregeln war und ihnen auch nicht verboten war, einem Hereinkommenden die umgewandelten Wörter zu erklären. Durch diese Übung lernten die Schülerinnen und Schüler, wie schnell Ausgrenzung geschehen kann, wie schwierig richtige Kommunikation ist und wie sehr Vorurteile ein gutes Miteinander behindern. Dass „anders sein“ eine subjektive Wahrnehmung eines Einzelnen ist - und damit keine Eigenschaft des anderen Menschen, sondern etwas, das man selbst der Person zuschreibt - war Ergebnis der Übung. Auf die Frage des Teamleiters, ob die Schüler glauben, dass es sich hierbei nur um eine konstruierte Übung handelte oder ob man diese Situation auf unsere Gesellschaft übertragen kann, waren sich alle einig, dass diese Situation keine Seltenheit im Alltag darstellt. Mit einer weiteren sogenannten „Betzavta-Übung“ standen Fragen, wie „Was ist demokratisches Verhalten?“, „Wie können Konflikte demokratisch gelöst werden?“ oder „Wie demokratisch verhalte ich mich in Entscheidungsprozessen?“, im Mittelpunkt. In sehr eindrucksvoller Weise wurden demokratische Prinzipien für den Alltag erfahrbar gemacht. Die Übung bestand aus zwei Phasen: Aktion und Reflexion, wobei die Aktion dazu gedacht war, die anschließende Reflexion zu ermöglichen. Zunächst wurde die Klasse aufgefordert, eine Aufgabe gemeinsam zu bewältigen. Die Schülerinnen und Schüler sollten eine gemeinsame Regel für die Klasse aufstellen, die einen Tag lang für alle Schüler der Klasse gilt. Hierbei wurde zunächst ein Konflikt ausgelöst, den es zu bearbeiten galt. Die meisten Schülerinnen und Schüler denken zugleich an Mehrheiten, Minderheiten und Kompromisse. Gesucht war jedoch eine Klassenregel, die möglichst allen gefällt. Dazu gehörte, dass jeder Einzelne Verantwortung im Diskussionsprozess übernimmt. Die Auszubildenden lernten, die eigenen Bedürfnisse zu formulieren und die Sichtweisen der anderen anzuerkennen. Das Ziel war es, Kompromisse zu vermeiden und gemeinsam kreative Lösungen zu entwickeln.
Demokratisches Handeln wird oft ausschließlich mit damit assoziiert, dass man bei Wahlen seine Stimme abgeben kann. Im Ergebnis stellt sich jedoch schnell heraus, dass Demokratie täglich stattfinden kann. Überall wo Menschen in Gruppen zusammen sind, ob in der Schule, im Unternehmen oder im Freundeskreis, kann man sich demokratisch verhalten. Demokratie kann als eine Grundhaltung verstanden werden, wie man mit anderen Menschen umgehen möchte oder auch wie man es sich wünscht, dass mit einem selbst umgegangen wird – so das Ergebnis de Demokratietrainings.